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Als Volunteer nachhaltig reisen


Immer mehr junge Menschen zieht es für die Freiwilligenarbeit ins Ausland. Dahinter steckt meist der Wunsch, ein anderes Land besonders intensiv abseits der typischen Touristenpfade zu erleben und sich für einen längeren Zeitraum ehrenamtlich zu engagieren. Statt dein Gastland nur als Tourist zu bereisen, tauchst du in den Alltag der Locals ein und trägst im besten Fall dazu bei, die Lebenssituation der Menschen vor Ort ein Stück zu verbessern. Doch damit das tatsächlich gelingt, sollte dein Freiwilligen-Projekt nachhaltig angelegt sein und der lokalen Bevölkerung wirklich nutzen. Doch was genau bedeutet Nachhaltigkeit in Bezug auf Freiwilligenarbeit im Ausland? Wie kannst du sicher sein, dass es sich um ein sinnvolles Projekt handelt, das einen wirklich positiven Effekt hat? In diesem Beitrag erfährst du, worauf du bei der Projektwahl unbedingt achten solltest und wie du als Volunteer nachhaltig reist. 

Verschiedene Volunteer-Programmarten

Aufgrund der großen Beliebtheit von Freiwilligenarbeit im Ausland gibt es eine ständig wachsende Anzahl von Volunteer-Programmen auf dem Markt. Grundsätzlich unterscheiden sich die Programme in Angebote von gewerblichen Veranstaltern und Angebote von staatlich geförderten Organisationen.

Zu den staatlich geförderten Freiwilligen-Programmen gehören zum Beispiel Programme von „weltwärts" oder „kulturweit“. Deren Projekte werden von sogenannten Entsendeorganisationen durchgeführt, die für die Projekte finanzielle Unterstützung vom Staat bekommen. Daher müssen sie sich an gesetzliche Reglungen halten. Der Vorteil dieser Projekte ist, dass sie staatlich kontrolliert werden und bestimmt Qualitätskriterien erfüllen müssen. Du kannst also ziemlich sicher sein, dass du hier ein gutes, sinnvolles und nachhaltiges Projekt findest. Ein Nachteil sind die oft komplizierten, langwierigen Bewerbungsverfahren, bei denen bei weitem nicht jeder Bewerber einen Platz bekommt. 

Gewerbliche Anbieter müssen sich dagegen selbst finanzieren, denn sie erhalten keine Fördergelder. Sie sind demzufolge Veranstalter auf dem freien Markt, die Volunteer-Reisen anbieten. Der Vorteil für dich ist dabei, dass es keine langwierigen Bewerbungshasen gibt und du dich auch relativ spontan entschließen kannst, Freiwilligenarbeit im Ausland zu leisten. Der Nachteil ist dagegen, dass diese Programme mehr kosten und nicht immer auf bestimmte Standards kontrolliert werden.

Kritik an Volunteer-Projekten

In den vergangenen Jahren tauchten aufgrund der hohen Nachfrage immer mehr gewerbliche Anbieter für Freiwilligenarbeit auf dem Markt auf. Das hat zum einen den positiven Effekt, dass es immer mehr Vielfalt gibt. Von kurzen Freiwilligeneinsätzen ab zwei Wochen mit integriertem Sprachkurs bis hin zu langen Auslandsaufenthalten in den unterschiedlichsten Tätigkeitsbereichen – es ist im Prinzip für jeden etwas dabei und das in den unterschiedlichsten Ländern der Welt. Doch die Vielzahl der Projekte und die wachsende Zahl gewerblicher Anbieter hat leider auch einige schwarze Schafe auf den Plan gerufen, die Freiwilligenarbeit vermitteln, ohne die Projekte vor Ort überhaupt zu kennen, geschweige denn zu kontrollieren. 

So kam es zu Berichten von überfüllten Volunteer-Projekten, Ausbeutungen der lokalen Bevölkerung durch profitorientierte Veranstalter, schlecht organisierten Programmen in Schulen oder gar vorgetäuschten Waisenhäusern. Kritisiert wird vor allem, dass manche gewerbliche Veranstalter nicht gründlich genug auf die Auswahl von guten, sinnvollen Volunteer-Projekten achten und dass der Profit im Vordergrund steht.

Das bedeutet jedoch nicht, das alle gewerblichen Anbieter per se schlecht sind. Auch hier gibt es empfehlenswerte Anbieter, die sich an die Qualitätsstandards halten und sinnvolle, nachhaltige Projekte betreuen. Doch woran erkennst du ein solches Projekt und kannst es von den profitorientierten, ausbeuterischen Angeboten unterscheiden? 

Beispielhafte Volunteer-Projekte

Kriterien für nachhaltige Freiwilligenarbeit im Ausland 

Damit du nicht auf ein schwarzes Schaf hereinfällst und mit deiner Freiwilligenarbeit am Ende mehr schaden anrichtest als zu helfen, solltest du bei der Auswahl des Volunteer-Projektes einige Kriterien beachten. Das sind die wichtigsten: 

1. Umgang mit Bewerbern und potentiellen Freiwilligen 

Einen seriösen Volunteer-Anbieter erkennst du bereits daran, wie dieser mit den Bewerbern und potentiellen Freiwilligen umgeht. Wirst du vorab umfangreich über das Projekt und die jeweiligen Anforderungen informiert? Werden Informationen transparent dargestellt? Wie werden Freiwillige ausgewählt? Gibt es ein Auswahlverfahren und Teilnahmevoraussetzungen? Wichtig sind vor allem eine richtige Beratung, präzise Auswahl und umfangreiche Vorbereitung der potentiellen Freiwilligen. 

2. Art des Projekts und dessen Auswirkungen 

Natürlich musst du auch das Projekt selbst und dessen Auswirkungen betrachten. Stelle möglichst konkrete Fragen und achte darauf, dass der jeweilige Anbieter bzw. die Organisation die einzelnen Projekte auch wirklich genau kennt. Wird mit Partnern vor Ort zusammengearbeitet und werden geeignete Stellen für Freiwillige entwickelt? Hat das Projekt einen längerfristigen Nutzen für die lokale Bevölkerung? Ziel des Projekts sollte es auf jeden Fall sein, zu einer nachhaltigen Entwicklung im Land beizutragen. Ein wichtiges Kriterium ist beispielsweise, dass die Projektziele klar definiert sind und immer der Ansatz „Hilfe zur Selbsthilfe“ verfolgt wird. Auch die Fortschritte sollten regelmäßig dokumentiert und evaluiert werden. 

3. Was bringt es dir? 

Neben der Frage „Was bringt es den Menschen vor Ort?“ solltest du dir unbedingt auch die Frage stellen „Was bringt es mir persönlich?“ Das mag vielleicht egoistisch klingen, ist aber absolut gerechtfertigt. Denn von wirklich sinnvoller, nachhaltiger Freiwilligenarbeit profitieren immer beide Seiten. Durch Freiwilligenarbeit im Ausland sammelst du wertvolle praktische Erfahrungen für einen späteren Beruf, du erwirbst interkulturelle Kompetenzen und andere Soft Skills, die für deine Persönlichkeitsentwicklung wichtig sind. Um dies zu gewährleisten ist eine kompetente Betreuung durch den Anbieter vor und während der Reise sehr wichtig. Außerdem solltest du deinen Wünschen entsprechend untergebracht werden, zum Beispiel bei einer Gastfamilie. Auch die Platzierung im Projekt und deine dortigen Tätigkeiten sollten deinen Fähigkeiten, Erfahrungen und Interessen entsprechen. 

4. Beteiligung der lokalen Bevölkerung

Ganz wichtig bei der Beurteilung eines Freiwilligenprojekts ist außerdem die Frage: Wurde das Freiwilligenprojekt von der lokalen Bevölkerung initiiert oder nur für die Freiwilligen geschaffen? Es gibt tatsächlich Projekte, die nur dafür geschaffen wurden, um Freiwilligen eine Einsatzmöglichkeit im Ausland zu bieten und dann daran zu verdienen. Daher solltest du vor allem darauf achten, dass die lokale Bevölkerung in das Projekt integriert ist und es einen echten Mehrwert schafft. Die lokale Bevölkerung sollte mit dem Projekt zufrieden sein und einen wirklichen Nutzen in der Arbeit mit den Volunteers sehen.

5. Interkultureller Austausch zwischen Freiwilligen und Einheimischen 

In nachhaltigen Volunteer-Programmen arbeitest du eng mit Einheimischen zusammen. Dadurch kommt es zu einem intensiven kulturellen Austausch, von dem beide Seiten profitieren. Du erlebst die Sichtweisen, Lebensumstände, Gewohnheiten und Ideen von Menschen, die in einem komplett anderen kulturellen Umfeld aufgewachsen sind. Im Gegenzug lernen auch die Einheimischen durch dich eine andere Perspektive und Kultur kennen. Damit das gelingt, ist auch hier eine kompetente Begleitung durch den Anbieter bzw. die Organisation erforderlich. Mehr zu diesem Thema erfährst du in dem Artikel Kultureller Austausch auf Augenhöhe.

6. Klare Aufgabenverteilung 

In einem guten Volunteer-Projekt sind die Aufgaben und Tätigkeiten der Freiwilligen klar verteilt. Ganz wichtig ist dabei auch, dass die Freiwilligen der lokalen Bevölkerung durch deren Mithilfe im Projekt keine Arbeitsplätze wegnehmen. Die Aufgaben und Tätigkeiten sollten außerdem deinen Interessen, Fähigkeiten und Erfahrungen entsprechen. 

7. Begleitung vor Ort 

Eine Begleitperson vor Ort ist sehr wichtig für die Freiwilligen. Bei längeren Einsätzen ab sechs Monaten sollte außerdem ein Zwischenseminar stattfinden. Prinzipiell muss immer die Möglichkeit bestehen, dass die Freiwilligen sich bei Problemen und Fragen an eine bestimmte Person wenden können. Auch ein Nachbereitungsseminar nach dem Auslandseinsatz ist sehr sinnvoll. Alle Seminare vor, während und nach dem Freiwilligenprojekt sind wichtig für die Reflexion der gemachten Erfahrungen.

8. Mindestaufenthaltsdauer 

Ein gewisse Mindestaufenthaltsdauer ist ein weiteres wichtiges Qualitätsmerkmal von Freiwilligenarbeit im Ausland. Wenn du nur ein oder zwei Wochen in einem Freiwilligen-Projekt eingesetzt wirst, kann das kaum nachhaltig sein. Dann handelt es sich wirklich nur um eine etwas andere Form des Tourismus. Es entsteht kein wirklicher Kontakt zu den Einheimischen und du kannst meist keinen sinnvollen Beitrag leisten. Im Mittelpunkt steht das „Erlebnis Volunteering“. Besonders bedenklich ist das, wenn du vor Ort mit Kindern arbeitest. Achte deshalb darauf, ob der Veranstalter für seine Projekte eine Mindestaufenthaltsdauer festgelegt hat oder zumindest eine Empfehlung ausspricht. Jedoch musst du hier auch zwischen den Projektarten differenzieren. Ökologische Projekte können auch bei einer kürzeren Aufenthaltsdauer sinnvoll sein, Einsätze im sozialen Bereich dagegen eher nicht.

9. Programmangebot 

Ein guter Indikator, ob es sich um einen seriösen Veranstalter handelt, ist außerdem das Programmangebot. Hier gilt definitiv: weniger ist mehr. Denn umso weniger Länder und Einsatzmöglichkeiten der Veranstalter anbietet, umso besser kennt er sich an diesen Orten und in den Projekten selbst aus. Kleine Veranstalter haben die Projekte vor Ort oft mitinitiiert und ihre Mitarbeiter besuchen diese Projekte regelmäßig. Du kannst davon ausgehen, dass ein solcher Veranstalter seine Projekte gut kennt, den Erfolg regelmäßig überprüft und Freiwillige passend einsetzt. Wer dagegen von A bis Z alles mögliche in zig verschiedenen Ländern und Kontinenten anbietet, kann kaum den Überblick behalten, geschweige denn alle Projekte vor Ort genau kennen und kontrollieren. 

10. Programminhalte / Leistungen 

Ein weiteres Qualitätsmerkmal sind die im Programm enthaltenen Leistungen. Folgende Leistungen sind sinnvoll und zeichnen einen guten Anbieter aus: 

  • Vermittlung einer angemessenen Unterkunft und Verpflegung
  • Ggf. Sprachkurs
  • Vorbereitung auf den Auslandseinsatz bzw. Orientierungsworkshop
  • Unterkunft in einer einheimischen Gastfamilie
  • Ggf. Zwischenseminare / Freiwilligentreffen
  • Angebot von Aktivitäten / Workshops vor Ort
  • Betreuer / Mentor vor Ort
  • Rückkehrer-Treffen

Natürlich sind nicht immer alle oben genannten Punkte in einem Programm enthalten, aber es ist prinzipiell ein gutes Zeichen, wenn das Programm mehrere der o.g. Leistungen enthält. 

Als Volunteer ökologisch nachhaltig reisen 

Viele Volunteers bereisen nach dem Freiwilligen-Einsatz das Gastland. Auch hier ist es wichtig, dass dein Verantwortungsbewusstsein nicht mit der Freiwilligenarbeit aufhört, denn auch beim Reisen kann viel Schaden entstehen. Wer als Freiwilliger wirklich einen positiven Beitrag in seinem Gastland hinterlassen möchte, sollte daher möglichst grün reisen. Das Beste dabei: Wer ökologisch nachhaltig reist, schützt nicht nur die Natur, sondern erlebt auch die Gastkultur intensiver. Im Artikel „Ökologisch nachhaltig reisen als Volunteer“ verraten wir 10 Tipps, wie du ökologisch nachhaltiger reisen kannst.

Fazit 

Damit dein Freiwilligen-Aufenthalt im Ausland wirklich zu einem positiven, unvergesslichen Erlebnis wird, solltest du bei der Wahl des Veranstalters und des passenden Projekts unbedingt aufpassen. Aufgrund der enormen Vielfalt auf diesem Markt, gibt es mittlerweile einige Anbieter, die ihre Projekt kaum kennen und prüfen. Daher solltest du bei der Suche nach dem richtigen Projekt unbedingt die genannten Kriterien beachten. 

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