Frei logo

Freiwilligenarbeit in Polen


Volunteering in Polen: Hundeschutzhof-Projekt

Marco in Polen

Auf der Suche nach Freiwilligeneinsätzen im Ausland, stieß ich auf die Vorstellung des Projektes „Tierschutzhof Vierpfötchen“, welcher in Polen, genauer in Rokitno, seinen Standort hat. Nun wohne, lebe und arbeite ich seit 14 Tage hier und habe schon so einiges erlebt. Ich kam ohne Hundekenntnisse hier an, hatte sogar ein bisschen Angst vor großen Hunden, und hatte keinerlei Ahnung, was mich bei einem Hunderudel erwarten würde. Hier ein kleiner Bericht über den Alltag, welcher zum größten Teil von den Bewohnern dieses Hofes bestimmt wird: den Hunden.

Meine Ankunft auf dem Hundeschutzhof

Von Basel nahm ich den Nachtzug nach Berlin Hauptbahnhof und von dort mit dem Inter-Regio nach Schwedt, wo mich dann Gitta, die Besitzerin des Hofes, erwartete. Als wir per VW Bus hier ankamen herrschte wilde Aufregung bei den Hunden. Ich sah unzählige Hunde um das Gehege stehen in welches wir mit dem Bus hineinfuhren. Dieses dient als Schleuse um die Hunde vor dem offenen Tor fern zu halten. Gitta schlug vor, ich solle noch einen Moment im Auto sitzen bleiben bis sie die größte Aufregung bei den Hunden beruhigt hat. Nichts lieber als das. Dann kam der große, spannende Augenblick: Ich stieg aus dem Wagen aus, ging durch das kleine Tor und war inmitten dieses unvorstellbaren Rudels. Nur langsam und mit viel Ruhe geleitete mich Gitta ins Wohnzimmer und wir setzten uns an einen Tisch. Es war sehr beeindruckend zu sehen wie das Rudel immer mehr zur Ruhe kam und auf einmal war auch das letzte Gebell verstummt. Erst dann war es mir erlaubt die Hunde die zu mir kamen zu streicheln. Ein wunderbarer Moment! Zum Gestreichel und Begrüßen der Hunde brachte uns Anja, eine von Gittas Helferinnen, noch einen Kaffee. Spannendste Ankunft meines Lebens!

Mein Tagesablauf und meine Aufgabe

Lautes Gebell, Hunde die auf einen zu rennen, Hunde die gestreichelt und geliebt werden wollen - so wird man empfangen, wenn man halb verschlafen morgens um 8 Uhr in das Wohnzimmer geschlurft kommt. Schöner kann doch ein Tag gar nicht beginnen! Doch nicht alle stehen so spät auf wie ich. Gitta ist bereits seit 4Uhr wach und hat meist schon einen oder zwei Tassen Kaffee getrunken, die Hunde gefüttert und sie auf das Feld begleitet. Meistens gibt es dann für mich einen Kaffee, danach geht es dann mit „arbeiten“ los.

Mir wurden zwei Hunde anvertraut, welche ich täglich füttere und ihnen morgens und abends eine Entspannungstablette gebe(nur noch bei einem nötig). Beide Hunde kamen in den letzten 12 Tagen auf den Hof. Der jüngere, von Gitta getauft auf den Namen „Baron“, war so ängstlich, dass er sich nur in einer Ecke sicher fühlte, sich nicht bewegte, total versteifte und sich so tief duckte, dass man ihn von weitem kaum sah. Baron ist erst 2 Jahre alt, kam im Alter von 4 Monaten schon total ängstlich in ein Tierheim und blieb dort knapp zwei Jahre. Danach hat er nie seinen Zwinger verlassen, war nie im Gras und hat nie gefressen während ein Mensch in der Nähe war. All dies hat ihn geprägt und immer tiefer in seine Angst getrieben, so kam er als zitterndes Bündel hier auf dem Hof an. Der Ältere wurde auf den Namen „Sherif“ getauft. Ein gebrechlicher, schwarzer Greis, der, als er hier ankam total verstört war, nur im Kreis herum eilte (Zwingertrauma) und nichts als Misstrauen hegte. Er war erst kürzlich in einem polnischen Tierheim als Fundhund abgegeben worden. Bei ihm war offensichtlich, dass er sein Leben in einem kleinen Zwinger oder an der Kette und ohne positiven Kontakt zu Menschen verbracht haben muss.

Ein erstes Erfolgserlebnis

Bei beiden Hunden war es schwierig die Zuversicht auf Besserung nicht zu verlieren. Doch die Geduld, die wir alle Tag für Tag den beiden gegenüber brachten ließ es geschehen, dass Sherif nun nicht mehr sinnlos kreist, dass er sogar aus der Hand frisst und sich streicheln lässt (hätte man dies zu Beginn versucht hätte man sicherlich seine Zähne zu spüren bekommen, Anja hat es erlebt...), und dass Baron nun schon mit dem Rudel auf dem Hof lebt und auch mit aufs Feld spazieren kommt. Und seit gestern hat er sogar ein gemütliches Plätzchen auf dem Sofa im Wohnzimmer.

Pflegehund 1: Baron

Für mich war es eine sehr spannende und interessante Erfahrung zu erleben, wie die beiden immer zutraulicher wurden. Bei Baron angefangen mit dem ersten mal Futter essen als ich unauffällig daneben stand. Danach kamen immer mehr kleine Schritte. Da war die Situation, bei welcher wir zum ersten Mal versuchten, Baron über den Hof laufen zu lassen, wo er sich gerade wieder in die nächste Ecke flüchtete. Der Trick war dann, sich rückwärts dem Hündchen zu nähern, um ihm nicht noch mehr Angst einzujagen. An einem Tag nahm ich dann mal seine Leine und lief mit ihm Schritt für Schritt einmal quer über den Platz in die nächste Ecke. Natürlich trotzte er und wollte auf keinen Fall weg aus seiner Ecke. Dies wiederholten wir Tag für Tag und irgendwann lief er nach kurzem Trotzen friedlich hinter mir nach. Und niemand hätte erwartet, dass nur ein oder zwei Tage später der kleine Baron ohne dass ich ihn an der Leine nahm mir nach laufen würde und mir sogar ins Wohnzimmer folgen würde. Auch Gitta, welche zu dem Zeitpunkt gerade am telefonieren war, war völlig erstaunt über dieses kleine, mutige Kerlchen. Der Höhepunkt war der Tag, an welchem wir den kleinen mal kurz in das Gehege taten um ihn zu füttern und er dann vor lauter Übermut über das Gitter sprang und auf das große Feld rannte.

Pflegehund 2: Sherif

Meine erste Erfahrung mit Sherif war an einem Abend, als ich noch vor meinem Zimmer auf der Treppe saß. Sherif kreiste wie üblich völlig orientierungslos auf dem Hof herum, und näherte sich mir beinahe unmerklich. Als ich dies sah, beschloss ich aus der Futterkammer kleine Snacks für den Verwirrten zu holen und mein Glück zu versuchen. Und nach längerem Warten kam er tatsächlich zu mir, misstraute mir jedoch. Doch irgendwann schnappte er zu und fraß mir den Snack aus der Hand. Von da an übernahm ich die Fütterung von Sherif. An einem späteren Tag kam er als wir im Hof frühstückten bis ganz zur Bank und lief immer wieder nah an uns vorbei. Einmal gelang es mir sogar ihn zu streicheln. Und an einem Tag, Gitta war gerade mit den Hunden auf dem großen Feld, kümmerte ich mich noch um das Futter von Sherif, als dieser mir die Treppe hoch und ins Wohnzimmer folgte. Dies verließ er jedoch nach wenigen Minuten bereits wieder. Heute frisst Sherif allen aus der Hand, isst zweimal täglich den Napf leer und sein Fell sieht viel gesünder aus als bei seiner Ankunft.

Bei solchen Schritten dabei zu sein und dies miterleben zu dürfen ist etwas

unbeschreibliches. Gitta sagte nach diesen Erlebnissen:“Das hätte ich nicht erwartet. Solche Erlebnisse geben mir Mut und Zuversicht immer wieder mal Angsthunde aufzunehmen.“ Um den beiden neuen Hunden das einleben zu erleichtern werden sie getrennt von den andern gefüttert, sodass sie in Ruhe fressen können und bekommen, damit sie sich besser entspannen können, Zylkène(ein Präparat das aus Kälbermagen gewonnen wird) verabreicht.

Darüber hinaus habe ich noch folgende Aufgaben bei beiden und den anderen Hunden übernommen:

  • Ohren mit Ohrenstäbchen reinigen und anschließend Ohrentropfen verabreichen(Liste der zu behandelnden Hunde),
  • Hundefell kämmen um das alte und tote Haar herauszubekommen,
  • Mithilfe beim Wasser nachfüllen,
  • Mithilfe beim entfernen der Hinterlassenschaften,
  • Feldspaziergänge
  • und natürlich die freudigste „Arbeit“: kuscheln, wuscheln, streicheln und necken der Hunde!

Andere Aufgaben

Wie mit Gitta im Vorfeld besprochen setzt sie mich auch in anderen Bereichen ein. Ich helfe ihr mit technischen Geräten wie Fotoaparat, DVD-Recorder, Musikanlage, Ipod und versuche mein Bestes bei Problemen mit dem Internet. Auf Wunsch erkläre ich ihr Abläufe wie zum Beispiel das Kopieren von CD`s auf den Computer und das Synchronisieren des Ipods. Auch Auf- und Umräumungsarbeiten liegen an, so versuche ich das Dachgeschoss auf ihren Wunsch hin auf Vordermann zu bringen oder räume ein Gehege aus, welches gerade aufgebaut wird, um hin und wieder einen Angsthund aufnehmen zu können. Da noch ihre Freundin Ruth hier lebt und sie die Chefin der Gartenarbeiten ist werde ich auch manchmal von Ihr in die Arbeiten eingespannt, schraube einen Rosenbogen zusammen, pflanze mit ihr Rosen an oder helfe ihr den Rasen zu rechen und das geschnittene Gras auf einen Haufen zu karren.

In meiner Freizeit

Das klingt jetzt beinahe so, wie wenn ich hier nur am schuften wäre. Doch ich habe sehr viel Freizeit. Oft nach dem Mittagessen, was wir meistens so zwischen 14 und 15 Uhr zu uns nehmen, gibt es eine ca. 1.5stündige Mittagspause in welcher ich mich meistens in mein Zimmer zurückziehe, schlafe oder Musik höre oder mich meiner Gitarre widme.

Das Zusammenleben mit Hunden

Die Arbeitszeiten, die Arbeiten, das Essen und überhaupt der ganze Tagesablauf wird mehr oder weniger von den Hunden bestimmt. Oft wird man in einer Arbeit unterbrochen um kurz eine andere Arbeit zu verrichten. Am Anfang ist dies sehr ungewohnt und nach ein paar Tagen spürte ich eine große Erschöpfung. Auch die Tatsache, dass man nicht gewohnt als erstes frühstückt und zu gewohnten Zeiten Mittag- und Abendessen zu sich nimmt, ist in den ersten Tagen Gewöhnungssache, doch ich lebte mich hier sehr gut ein und könnte mich auf diese Art eines beinahe unbeeinflussbaren Alltags gewöhnen. Zuverlässigkeit, Friede und Ruhe sowie Vertrauen und Offenheit sind wahrscheinlich die wichtigsten Eigenschaften um das Vertrauen von Gitta und ihren Mithelferinnen, und besonders um das Vertrauen der Hunde zu erlangen. Auch wenn Gitta einem Hund gegenüber mal sehr laut werden muss, oder das ganze Rudel per übertrumpfen des Gebells wieder zur Ruhe bringt, hat kein Hund Angst vor ihr oder geht er ihr aus dem Weg oder rennt von ihr weg wenn sie in der Nähe ist. Zu Beginn war dieser Umgang für mich unverständlich, doch nach einem erklärenden Gespräch mit ihr begriff ich weshalb, und dass dies nicht ein „böser“ Umgang mit den Hunden ist, sondern um bei beinahe 50 Hunden nicht die Regie aus der Hand zu geben und dann ein rebellisches Rudel vor sich zu haben, in welchem stärkere Hunde auf die Schwächeren unkontrollierbar los gehen würden.

Das möchte ich noch loswerden

Ich bewundere was diese Frau hier Tag für Tag leistet und habe den größten Respekt vor ihr und ihrer Arbeit! Ich bin für die Zeit die ich hier auf dem Hof Vierpfoten verbringen durfte und noch darf sehr dankbar. Das Leben hier lehrt einen vieles, und regt einen auch zum Nachdenken an, und ich empfehle jedem einmal diesen einmaligen Hof zu besuchen. Es lohnt sich allemal!

Herzlichen Dank Gitta, Ruth, Anja und Aga!

von Marco

Weitere Erfahrungsberichte aus anderen Ländern

Was andere Volunteers während ihrer Freiwilligenarbeit erlebten

Newsletter zu Freiwilligenarbeit

Profitiere von exklusiven Infos zu Freiwilligenarbeit im Ausland