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Freiwilligenarbeit als Senior Volunteer

Erfahrungsbericht von Cliff, 50 Jahre, Ludwigsburg

2019 war ich für vier Wochen als Senior Volunteer in Kokrobite. Es war eine außergewöhnliche Zeit, welche ich nicht so schnell vergessen werde. 

Nach über 25 Jahren Berufsleben, war ich der Meinung, dass es an der Zeit wäre etwas von meinen Erfahrungen an andere Menschen weiterzugeben. Ich wollte etwas sinnstiftendes in einem anderen Land in einer anderen Kultur machen. Gerade letzteres hat mich dazu bewogen mich für Afrika zu entscheiden. 

Programme für erfahrene Experten gibt es leider sehr wenige, der Markt für die junge Menschen bis 30 Jahre ist da deutlich größer. Bei meinen Recherchen bin ich auf eine Organisation gestoßen, welche keine Alterslimitierung hat und individuell auf die Bedürfnisse der Volunteers eingeht.

Das Dorf Kokrobite ist sehr schön in der Nähe der Hauptstadt Accra gelegen. Die notwendigen Infrastrukturen sind vorhanden (Einkaufsmöglichkeiten, Restaurants, Bars). Natürlich muss man sich auf die klimatischen Bedingungen und auf die Menschen hier in Ghana einstellen. Die Lodge in der ich untergebracht bin ist ruhig und liegt direkt am Meer.

Die Mentalität der Menschen hier ist sehr offen und wenn man mit derselben Offenheit diesen begegnet, ist es sehr leicht hier mit den Menschen in Kontakt zu kommen.

Die ersten Tage

Gleich zu Beginn wurde ich hervorragend von der Organisation betreut. Es erfolgte eine Stadtrundfahrt und es wurde auf meine persönlichen Bedürfnisse eingegangen. Da ich sehr geschichts- und kunstinteressiert bin haben wir eine Kunstausstellung und die wichtigsten Plätze der Kolonialisierung uns angesehen. So konnte ich mir einen kleinen Überblick über die Stadt und die Menschen machen.

Accra selbst ist eine sehr unübersichtliche Stadt, kein Vergleich mit deutschen Städten. Es ist alles chaotisch und undurchsichtig für einen Ausländer. Zum Glück hat mein Host mir hier die Verkehrsinfrastruktur erklärt, so dass ich mich nach kurzer Zeit selbständig bewegen konnte. Wichtig ist hier immer zu fragen. Geholfen wird einem immer!

Nach zwei Tagen ging es dann auch gleich in die Schulen, um sich ein erstes Bild zu machen. Da prasseln eine ganze Menge Eindrücke auf einem ein. Die Ausstattung in den Schulen war ein Schock, nicht zu vergleichen mit Deutschland. Die Bänke sind aus Holz und sehen genauso aus wie in Videos von vor 20 Jahren. Diese reinen Äußerlichkeiten muss man erst einmal verarbeiten. Auf der anderen Seite hat man Kinder in einer Altersbandbreite von 12 – 19 Jahren vor sich, die gierig sind etwas von einem zu lernen. Auf die Frage, ob sie auch bereit wären in den Ferien zu kommen, gab es ein einstimmiges „Ja“. In Deutschland unvorstellbar.

Die erste Woche ist dann sehr schnell vorbei gegangen. Wir haben die bestehenden Unterrichtsmaterialien mit dem Inhalt Kommunikation noch ein wenig auf die Gegebenheiten angepasst. So dass wir dann in der zweiten Woche voll durchgestartet sind. Natürlich war unser Unterricht von unseren deutschen Erfahrungen geprägt und diese haben wir auch erst einmal den Kindern erklären müssen. Diese waren z.B. sie müssen nicht aufstehen, wenn sie etwas sagen wollen, den Frontalunterricht haben wir aufgehoben und das antworten auf Fragen im Chor ist bei uns auch nicht notwendig. Neu für die Schüler war auch, dass sie auf offene Fragen antworten mussten. Hier ist ihre persönliche Meinung gefragt, das hat ein wenig gedauert bis das Eis gebrochen war. Jedoch mit viel Geduld und Gespür für diese jungen Menschen funktioniert auch das. Wichtig war, dass wir uns immer auf Augenhöhe mit den Kindern bewegt haben. Auch eine neue Erfahrung die die Schüler erst einmal machen mussten.

In den verbleibenden drei Wochen haben wir jeweils zwei Sessions an zwei verschiedenen Schulen gemacht. Da unser Unterricht immer außerhalb des regulären Unterrichts stattfand und die Organisation der Termine immer auf Zuruf erfolgte war eine große Improvisationsgabe und Flexibilität der Senior Volunteers gefragt.

Neben dem Unterricht an den Schulen erfolgt auch noch ein Training an umliegenden Universitäten. Eine weitere Volunteer Expertin arbeitet als Agiler Coach in Deutschland. Dies war der Aufhänger um den Studenten an den Universitäten agiles arbeiten näher zu bringen. Natürlich ist das Bildungsniveau an den Universitäten in Ghana nicht so hoch wie in Deutschland. Durch gemeinsame teambildende Trainings konnten wir den Studenten auch dieses Thema näherbringen. Dieses wurde immer positiv aufgenommen und durch das nachfragen der Studenten haben wir den Eindruck gewonnen, dass auch ein Transfer des Themas in ihr Studium erfolgt.

Freizeitgestaltung und liebe Menschen 

Vier Wochen hier zu sein ist wirklich eine sehr kurze Zeit, da die Termine an den Universitäten meist an den Wochenenden waren, blieb nicht viel Zeit hier kurze Reisen zu unternehmen. Ich habe es trotzdem geschafft an einem Wochenenden nach Cape Coast zu fahren. Zum Glück hatte ich einen Mitarbeiter der Volunteer-Organisation der mich mit nach Cape Coast begleitet hat. Wir sind in der Nacht gefahren, man muss wissen, dass es hier bereits um 19:00 Uhr dunkel wird. Alleine mit dem TroTros in der Nacht zu fahren kann man machen, aber man muss die Bus Stations und die Ziele kennen ansonsten ist man verloren. Helfen tut einem immer jemand das ist wirklich herausragen in diesem Land.

An den Abenden haben wir diverse Restaurants und Bars ausprobiert. Natürlich wollte ich das lokale Essen ausprobieren z.B. Kenkey, Banku, Fufu und natürlich mit den Fingern essen. Letzteres ist eine wirklich ganz neue Erfahrung. Fisch mit den Fingern zu essen ist deutlich sicherer als mit Messer und Gabel, da man die Gräten spürt zwischen den Fingern. Fufu ist jedoch nicht zu meiner neuen Leibspeise geworden.

Eines muss man wissen, wenn man sich auf eine Reise nach Ghana einlässt es ist laut. In manchen Restaurants war die Musik so laut, dass man sich nur noch anschreien konnte. In anderen Restaurants haben wir darum gebeten die Musik leiser zu machen. Sehr schön ist es dann, wenn man eine Bar gefunden hat, wo man vom Chef begrüßt wird und die Musik sofort leiser gemacht wird. Das tut dann so richtig gut.    

Mein Fazit 

Die Zeit war viel zu schnell vorbei, die Eindrücke die ich hier gewonnen habe, werden mich in den kommenden Monaten und Jahren noch weiter begleiten. Vor allem die Freundlichkeit die mir hier entgegengebracht wurde ist wirklich beeindruckend. Natürlich fällt man als „Weißer“ auf, dass lässt sich nicht vermeiden. 

Am meisten haben mich jedoch die Schüler in den Schulen beeindruckt. Mit welcher Offenheit und welchem Lernwillen sie uns entgegengetreten sind, hat mich nahhaltig bewegt und werde ich mit Sicherheit nicht vergessen.

Abschließend möchte ich mich ganz herzlich für die Betreuung vor Ort bedanken. Meine Hosts Gifty und Benjamin haben sich rührend um mich gekümmert und mir meinen Aufenthalt so angenehm wie nur möglich gemacht. 

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