Frei logo

Freiwilligenarbeit auf der Öko-Lodge | Ein Bericht aus Costa Rica


Erfahrungsbericht von Andy

Andy S. flog 2008 für knapp vier Monate in das Land mit der weltweit größten Artenvielfalt; Costa Rica. Dort arbeitete er als Volontär in einer Öko-Lodge mitten im Urwald und hat spannende Erfahrungen gesammelt…

Auslandszeit: Andy, warum hast du diese Reise genau zu dem Zeitpunkt gemacht?

Andy: Ich bin von Juni bis Mitte September 2008 nach Costa Rica geflogen, da ich mich in diesem Zeitraum zwischen Abi und Studium befand. Direkt nach dem Abi flog ich auch schon als Volontär nach Südafrika und arbeitete im Anschluss erst einmal ein halbes Jahr. Bis das geplante Studium losging, hatte ich immer noch ein wenig Zeit und Geld übrig, so dass ich noch einen weiteren Auslandsaufenthalt ins Auge fasste. Irgendwann hab ich dann nur noch meine Uni-Bewerbungen losgeschickt und auf ging’s! Naja, mein Vater musste auch noch welche abschicken, hatte leider nicht alles geschafft…

Auslandszeit: Hast du dir deinen Aufenthalt selbst organisiert oder warst du mit einer Organisation unterwegs?

Andy: Nachdem ich meine Freiwilligenarbeit in Südafrika über eine Agentur buchte, plante ich dieses Projekt selbst. Ich organisierte und finanzierte die Reise alleine. Das war echt gut. An das Projekt kam ich aber auch nur über mehrere familiäre Ecken. Das heißt, dem Halbbruder meiner Großtante und dessen Sohn gehört die Öko-Lodge, in der ich aushalf. Früher war das Gelände mal eine Bananenplantage, das Geschäft wurde aber irgendwann aufgegeben. Dann wurden dort mal Pferde, Rinder, oder Ölpalmen gehalten, bis er auch die Erlaubnis erhielt, den Urwald auf dem ganzen Gelände abzuholzen und das teure Gut zu verkaufen. Doch statt viel Geld entschied er sich für den Ökotourismus. Und genau dort arbeitete und lebte ich. Da kommt man mit einer Organisation gar nicht heran…

Auslandszeit: Wo wir grad bei der Ökolodge sind: Magst du einmal mehr von ihr erzählen? Was gab es dort? Wie sahen deine Aufgaben aus?

Andy: Die Ökolodge befindet sich in Bananito, auf der Seite der Karibikküste und in der Nähe von Limón. Und mit „in der Nähe“ sind drei Autostunden gemeint. Sie befindet sich wirklich außerhalb der Zivilisation mitten im Wald. Es gibt keinen Strom. Das bedeutetu.a. Zähneputzen mit Kerzen und solche Späße. Oder das Teilen der Dusche mit Ochsenfröschen, versteckte Taranteln unter deinem Bett, Fledermäuse, Schlangen und riesige „Alien-Insekten“, die um dich herum schwirren, wo man sich fragt: Was ist das?! (lacht).

Die Touristen wohnen allerdings in luxuriösen Bungalows.  

Zu meinen Aufgaben gehörte alles von A bis Z. Ohne Touristen musste ich z.B. die Wege instand halten, die Pferde striegeln oder nachts die Patrouillen auf der Suche nach Jägern und illegalen Abhölzern begleiten. Das war echt wie bei „Indianer Jones“. Es ging auch mal sechs Stunden nachts den Berg hoch, jeder mit seiner Machete in der Hand. Damit zerstörten wir beispielsweise die Hochsitze der Jäger. Abenteuer pur! Das war wie eine Expedition. Echt geil. Sonst pflanzten wir noch Bäume, also so Sätzlinge. Einmal die Woche bin ich noch einkaufen gefahren und die nächste asphaltierte Straße lag zwei Stunden entfernt. Teils fährt man da auch durch Flüsse. Echt abgefahren…

Ohne Führerschein ginge da aber auch gar nichts. Abgesehen von dem Einkaufen holte ich u.a.auch die Touristen mit dem Jeep ab. Wenn sie dann da waren, kümmerte ich mich auch um sie. Wir sammelten z.B. gemeinsam Kokosnüsse um dann einen Cocktail bestehend aus der Kokosmilch und Zuckerrohrschnaps zu mixen. Abends wurde gemeinsam gegessen und geplant, was man am nächsten Tag machen will. Die Touristen konnten da ganz individuell und mit uns gemeinsam entscheiden. Sie hatten z.B. die Wahl zwischen Canopy-Touren, Reiten, Wandern, Kanu-Touren oder einfach Baden, was ich auch alles begleiten durfte. Wenn die Straßen einmal zu überflutet waren und ich sie nicht mit dem Auto einsammeln konnte, haben wir sie übrigens auch mal mit den Canopiesrübergeseilt (lacht).

Auslandszeit: Wie lange im Vorfeld hast du dich auf diese Reise vorbereitet? War das so passend?

Andy: Konkret hab ich einen Monat vorher mit der Planung begonnen. Den Flug hab ich sogar nur zwei Wochen vorher gebucht. Das Ganze war relativ spontan. Wobei – wenn man es genau nimmt – hab ich ein halbes Jahr – nämlich mit dem Arbeiten zur Finanzierung –vorher angefangen.

Auslandszeit: Und wie genau hast du dich vorbereitet?

Andy: Also ich hab erst mal meinen Verwandten Rüdiger per E-Mail angefragt. Irgendwann rief mich meine Tante spontan an, dass er zufällig in Deutschland, bzw. Hamburg sei. Dann haben wir uns getroffen, alles durchgesprochen und der grobe Plan stand. Wegen meiner Afrikareise kurz davor musste ich nicht allzu viele Impfungen über mich ergehen lassen, aber Gelbfieber stand noch an. Das Visum hab ich zudem beantragt und stellte fest, dass das anstrengender ist als gedacht. Und ich hab den Lonely Planet über Costa Rica studiert. Das war’s aber an Vorbereitung…

Auslandszeit: Wie viel Zeit hast du vor Ort eingeplant?

Andy: Eigentlich hatte ich vor, fünf Monate zu bleiben, flog aber nach dreieinhalb wieder zurück. Wenn ich sage, der Grund dafür war Heimweh, ist das vielleicht übertrieben. Aber vom Ding her war ich dort irgendwann schon ziemlich einsam, so mitten im Regenwald, ohne Strom und meine Freundin war zu Hause…

Auslandszeit: Warum hast du dich gerade für dieses Land, bzw. dieses Projekt entschieden?

Andy: Das Ganze lief ja wie bereits beschrieben über Kontakte und war daher ein super Zufall. Aber abgesehen davon ist Costa Rica ein traumhaftes Land. Es war einfach perfekt. Dieses Mal ging es nicht wie in Afrika um Wildtiere, sondern die Umwelt (grinst).

Auslandszeit: Ein paar Dinge hast du ja schon genannt, aber was würdest du sagen, auf was man sich ganz konkret einstellen muss, wenn man in dieses Land reist oder in einem solchen Projekt arbeitet?

Andy: Speziell bei einem Projekt im Regenwald Costa Ricas ist es enorm wichtig, seine Gummistiefel morgens vor dem Anziehen auf Spinnen zu prüfen! Außerdem muss man sich damit anfreunden, einfach jeden Tag Reis und Bohnen zu essen. Das ist dort das Nationalgericht und wird wirklich immer aufgetischt. Auch muss man bedenken – vor allem wenn man aus so einer Großstadt wie ich kommt –, dass es einsam ist. Das ist echt nicht für jeden etwas. Aber was ich auch nennen möchte, sind die Menschen dort. Ich habe selten solche netten, zuvorkommenden und gutherzigen Menschen getroffen! Darauf und dass es generell ein super Land ist, das keine Revolution oder Militär kennt, kann man sich einstellen.

Auslandszeit: Im Prinzip hast du die Frage bereits verneint, ob du sagen würdest, dass das für jeden etwas sei.Was sollte man denn für ein Typ sein, um Spaß daran zu haben und ggf. auch erfolgreich zu sein?

Andy: Naja, tagsüber war mein Bett eine Ameisenstrassez.B. und gelegentlich gesellte sich eine Vogelspinne zu mir an der Wand. Ich würde schon sagen, man muss in Bezug auf alle Arten der Tiere hart gesonnen sein. Und um es noch einmal zu betonen: Ich hab zwar mit circa zehn Kollegen zusammen gearbeitet, aber man ist dennoch irgendwie einsam, so fernab des gewohnten Lebens und der Zivilisation.

Auslandszeit: Würdest du dich jetzt wieder genauso entscheiden?

Andy: Oh ja, auf jeden Fall. Ich bereue es auch fast im Nachhinein, dass ich früher gefahren bin. Aber ja, ich würde es jederzeit genauso wieder machen.

Auslandszeit: Was war denn die beste und die schlimmste Erfahrung, die du dort gemacht hast?

Andy: Da gibt es mehrere von… Ich war ja während der Fussball-WM in Costa Rica und wollte an einem freien Tag zu einer Bar reiten und mir ein Deutschland-Spiel angucken. Als das Spiel vorbei war, war das Pferd weg! Und das war ein richtig wertvoller Zuchthengst. Der Regenwald ist so groß, es erschien mir utopisch, a)das Pferd wieder einzufangen und b) es überhaupt zu finden. Doch es gelang mir. Es war aber ein echter Schock.

Und dann war da noch die „Knochenbrechergrippe“, die mich eine Woche lang fertig gemacht hat. Das ist eine Grippe, bei der sechs von sieben Symptomen mit denen von Gelbfieber übereinstimmen. Sie hat ihren Namen echt verdient! Die Pflege, die ich in der Ökolodge erhielt, war aber top. Ich durfte sogar in einem der luxuriösen Bungalows schlafen! (grinst)

Ach und dann passierte mir noch was total Unangenehmes… Ich hatte eine acht-stündige Busfahrt vor mir und hab mich vorher und währenddessen nur übergeben! Und zwar, weil ich ein einziges Mal in einem Dorf aus der Leitung getrunken habe…

Zu den besten Erfahrungen: Ich hatte ja bereits diese Exkursionen erwähnt. Es war wirklich der Wahnsinn, die Natur so hautnah zu erleben. Jedes Fleckchen hatte in diesem Ökosystem seine Rolle. Und diese Ruhe…! Die Biodiversität, einfach das große Ganze, ich hatte das Gefühl, es gibt nichts Schlimmes mehr auf der Welt. Und ich wurde jeden Tag auf’s Neue überrascht.

Dann haben wir eines Tages tatsächlich einen Toucan gerettet! Wir entdeckten ihn bei einer Patrouille und er lag da so verblasst mit dreckigem Schnabel. Da mussten wir ihn einfach mit nach Hause nehmen. Nach einem Monat Pflege konnten wir ihn wieder freilassen.

Und zu meinen schönsten Erfahrungen dieser Zeit gehört definitiv noch die Geburt eines Fohlens. Ich war live dabei! Es war nachts und wir hatten nur eine Taschenlampe. Wir wollten aber nicht stören und zogen uns bald zurück. Und am nächsten Tag war da einfach dieses Fohlen! Das war echt schön.

Auslandszeit: Würdest du sagen, das Arbeits(-Leben) unterscheidet  sich von dem hierzulande?

Andy: Ja, auf jeden Fall. Es ist alles viel entspannter. Ich sag nur: Pura Vida! Egal, was war; die Ticos wussten einfach auch, wie geil sie es haben.

Auslandszeit: Welche Tipps würdest du anderen geben, die Ähnliches vorhaben?

Andy: Man darf keine Angst haben. Oder man darf sie schon haben, aber muss mit ihr umgehen lernen. Das spartanische Leben ist für jeden erst einmal neu. Aber zu verstehen, dass eben nicht immer Licht da ist, wenn man es braucht, das kann einem zu Beginn schon Angst machen. Du musst dort einfach deine Nische, deinen persönlichen Weg finden. Und gehe nie mit einem Tico saufen! (lacht)

Auslandszeit: Was sollte man unbedingt im Reisegepäck haben und was ist absolut überflüssig?

Andy: Du brauchst schon eine einigermaßen gute Ausrüstung. Eine Taschenlampe bedeutet auf jeden Fall Lebensrettung. Aber so etwas wie Autan (Mückenschutzspray) hab ich z.B. gar nicht gebraucht. Auch wenn man‘s nicht glauben mag, aber es gab im Dschungel fast keine Moskitos. Ansonsten empfehle ich den Lonely Planet, ein Taschenmesser, ein Moskitonetz kann, muss aber nicht mit, Trekkingschuhe und ein Seil. Das hatte ich zumindest dabei, weil ich dachte, im Dschungel ist das bestimmt nützlich.

Auslandszeit: Und unsere abschließende Frage: Was nimmst du von deiner Reise für die Zukunft mit?

Andy: Spanisch! Und meine Liebe zur Natur. Das Leben im Regenwald kann man sich auch kaum vorstellen. Aber was noch viel wichtiger für mich ist, sind die Menschen. Obwohl sie nicht viel (Materielles) haben, sind sie alle so glücklich. Das hat mich fasziniert. Und diese Gastfreundschaft! Am Ende meines Projekts haben sie ein großes gemeinsames Abschiedsessen für mich organisiert. Und sowieso wurde ich überall hin eingeladen. Ich durfte zu fast jedem mit in die Familie. Das war echt schön.

Weitere Erfahrungsberichte aus anderen Ländern

Was andere Volunteers während ihrer Freiwilligenarbeit erlebten

Newsletter zu Freiwilligenarbeit

Profitiere von exklusiven Infos zu Freiwilligenarbeit im Ausland